Die idiopathische Lungenfibrose (Idiopathic pulmonary fibrosis = IPF) ist eine seltene Erkrankung des höheren Lebensalters, Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Ihre Ursache ist, wie das Wort idiopathisch sagt, nicht bekannt; genetische Faktoren spielen vermutlich eine Rolle, Tabakrauch gilt als begünstigendes Moment.
Durch die Zunahme von Bindegewebe vor allem in den unteren Lungenabschnitten mit Narbenbildungen kommt es zu einer Verringerung des Sauerstoffübertritts von den Lungenbläschen (Alveolen) in die kleinen Blutgefäße (Kapillaren).
Symptomatisch sind ein anhaltender, teils trockener krampfartiger, teils schleimiger Reizhusten und zunehmende Luftnot, zunächst bei körperlicher Belastung, später auch in Ruhe. Viele leiden unter abnormer Müdigkeit und Leistungsabnahme.
In der ärztlichen Untersuchung fällt beim Abhören der Lunge meist ein Knisterrasseln beim Einatmen auf, das an das Geräusch beim Öffnen eines Klettverschlusses erinnert. Viele Betroffene entwickeln im Verlauf Trommelschlägelfinger (aufgetriebene Finger- und Zehenendglieder) oder Uhrglasnägel (dem Uhrglas ähnliche Wölbung der Nägel) infolge der verminderten Sauerstoffversorgung des Gewebes.
Apparativ fällt frühzeitig ein Abfall der Sauerstoffsättigung bei körperlicher Belastung auf, der mit einem Pulsoxymeter gemessen werden kann. Können eine Herzschwäche (EKG, im Bluttest proBNP, eventuell kardiologische Untersuchung) und eine Blutarmut (Labor) ausgeschlossen werden, kommt vor allem eine Lungenerkrankung in Frage. Bei anfangs noch unauffälliger Lungenfunktionsprüfung (Spirometrie) und wenig auffälligem Röntgenbild der Lunge fällt der Verdacht auf eine interstitielle Lungenerkrankung, zu der auch die idiopathische Lungenfibrose gerechnet wird. Eine Blutgasanalyse in Ruhe und unter Belastung lässt den Grad der Gasaustauschstörung erkennen.
Computertomographisch (HR-CT) fallen milchgasartige Eintrübungen und
honigwabenartige Strukturen in den Lungenunterfeldern auf; bei der Diffusionsmessung wird ein Abfall des Gasaustausches gemessen. Zur Differentialdiagnose ( Abgrenzung von ähnlichen Erkrankungen) kann auch eine Spiegelung der Luftwege (Bronchoskopie) erforderlich sein. Dabei kann eine Spülung von Luftwegen und Lungenbläschen und die Entnahme von Gewebsproben, im Einzelfall auch operativ, die Diagnose sichern.
Eine frühzeitige Diagnosestellung ermöglicht eine frühzeitige Behandlung. Zwar ist die idiopathische Lungenfibrose noch nicht heilbar, es stehen heute aber zwei wirksame Medikamente (Nintedanib und Pirfinedon) zur Verfügung, die den tödlichen Verlauf um Jahre verzögern und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern können. Wie bei vielen wirksamen Pharmaka stellen Nebenwirkungen eine therapeutische Herausforderung dar.
Neuere, vielversprechende Medikamente sind in Erprobung. Ziel ist es eine Besserung der Lebensqualität und des Überlebens zu erreichen. Letztlich hoffen wir auf eine Heilung durch Pharmaka.
Bei jüngeren Patienten kann eine Lungentransplantation in Betracht gezogen werden.
Neben der medikamentösen Therapie können Training und Physiotherapie die
Leistungsfähigkeit Erkrankter fördern.
Virale oder bakterielle Bronchial- oder Lungenerkrankungen können Schübe der Erkrankung mit ungünstigem Verlauf auslösen, die eine fachärztliche oder stationäre Behandlung erfordern. Das erhöhte Lungenkrebsrisiko gibt zu jährlichen HRComputertomographien Anlass.
Bei zunehmender Luftnot können Sauerstoffgaben durch stationäre oder mobile Sauerstoffgaben Linderung verschaffen. Neben Konzentratoren stehen
Sauerstoffflaschen oder Flüssigsauerstoffbehälter zur Verfügung. Eine bedarfsorientierte Sauerstoffgabe dient der Besserung der Lebensqualität, eine
Langzeitsauerstoffbehandlung kann die Prognose verbessern.
Zu den Komplikationen der Lungenfibrose zählt auch die Entwicklung eines Lungenherzens (Cor pulmonale) durch einen Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie). Dabei kommt es durch Verminderung oder Einengung der kleinen Arterien (Arteriolen) zum Druckanstieg in den Lungenarterien und in der rechten Herzkammer, die die Luftnot verstärken können. Zur Diagnosestellung können Laboruntersuchungen, der Herzultraschall (Echokardiographie) und die Rechtsherzkatheteruntersuchung herangezogen werden. Die Behandlung sollte in spezialisierten Zentren erfolgen. Der Lungenhochdruck kann auch andere Ursachen haben, die hier nicht erörtert werden.
Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose leiden häufiger unter einer Schlaf-Apnoe und haben ein erhöhtes Thromboserisiko. Eine Kombination von Lungenfibrose und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD, Blählunge = Lungenemphysem) wird im Englischen mit „combined pulmonary fibrosis emphysema“ = CPFE) bezeichnet.
Wie bei vielen ernsten Erkrankungen leiden Betroffene oft an Ängsten und Depression.
Im Endstadium der Erkrankung können gezielte palliativmedizinische Maßnahmen die quälende Luftnot wesentlich erleichtern.
Der gemeinnützige Verein Lungenfibrose e.V. hat das Ziel, die Früherkennung der Erkrankung, die Behandlung und die Erforschung dieser schweren Erkrankung zu fördern. Er unterstützt die Mitglieder und ihre Angehörigen bei medizinischen oder sozialen Fragen und informiert über neue Forschungsvorhaben. Fachlich wird er vom wissenschaftlichen Beirat mit kompetenten Experten unterstützt.
Die Lungenfibrose e. V. erreichen Sie über das Internet, das Büro befindet sich in der Kupferdreher Straße 114, 45257 Essen, Tel. 0201 488990.
Dr. med. Richard Gronemeyer, Internist